Fragen an Tom Brill (Regie & Produktion)
Die Proben gehen in die letzte Phase. Wie ist die Stimmung an Bord von „Everybody Knows Titanic“?
Ich würde sagen: überschäumend. Vorfreude und Spiellust sprudeln im Moment. Endlich konnten wir das erste Mal auf unserer Bühne spielen. Das ist zwar immer auch herausfordernd, aber es fühlt sich richtig großartig an, wenn dann alles zusammenkommt.
Du sprichst die Herausforderungen an. Was ist denn im Moment die größte?
Das Stück hat ein wahnsinniges Tempo. Jeder Handgriff muss sitzen, jeder Schritt präzise sein. Man kann es sich in diesem Stück überhaupt nicht leisten, sich mal in Ruhe hinzusetzen und zu warten. Es passiert ständig etwas auf der Bühne – das erfordert 200% Konzentration, die ganze Zeit.
Was macht das Stück so schnell?
Wir erzählen die Geschichte in „Shorts“ – also wirklich kurzen Szenen, die schnell hintereinander ablaufen. Auch für die Zuschauer:innen gibt es kaum eine Möglichkeit, lange über das Gesehene nachzudenken. Eine Szene folgt der nächsten, Mini-Geschichte auf Mini-Geschichte. Gerade hat man sich gesetzt, und schon wird man wieder durch das Geschehen mitgerissen.
Beleuchtung spielt bei euren Stücken immer eine große Rolle. Wie sieht es bei Titanic aus?
Wir haben noch nie so viele Lichtszenen in einem Stück gehabt wie bei diesem. Es sind weit über 300 Cues („Stichwörter“), die neue Lichtszenen auslösen. Die Technik-Regie ist hier mindestens genauso gefordert wie die Schauspieler:innen.
Das klingt ja schon aufregend. Warum habt ihr das Stück eigentlich „Everybody Knows Titanic“ genannt?
Zum einen: Jede:r kennt die Geschichte. Von der „Titanic“ haben fast alle schon mal gehört. Alle wissen, dass das Schiff auf seiner Jungfernfahrt nach New York mit einem Eisberg kollidierte und gesunken ist – mit über 1.500 Opfern. Zum anderen: Wir spielen Titanic als Parabel. Leonard Cohens Evergreen „Everybody Knows“ ist unser Titelsong, der sich wie ein roter Faden durch das Stück zieht. Es geht darum, dass alle die Missstände kennen, aber niemand etwas dagegen unternimmt. Für uns ist „Everybody Knows Titanic“ eine Parabel auf die menschengemachte Katastrophe, allen voran den Klimawandel.
Ihr betont auch, nicht historisch zu spielen. Warum habt ihr euch dagegen entschieden?
Es gibt bereits wunderbare Dokumentationen über die Katastrophe, die die historischen Ereignisse präzise und einfühlsam darstellen. Allen voran der Film „A Night to Remember“ von 1959. Es gäbe da nicht viel Neues zu erzählen, und wir wären ständig mit dem Problem konfrontiert gewesen (wie viele andere Produzent:innen des Titanic-Stoffs), den historischen Figuren „Unrecht“ zu tun, indem wir sie der Dramatik zuliebe auf bestimmte Weise handeln lassen. Nehmen wir als Beispiel den Cameron-Film: Einige historische Personen wurden dort der Handlung und Dramatik zuliebe bösartiger dargestellt, als sie es historisch waren. Das wird den Opfern nicht gerecht. Uns fasziniert vielmehr das Ikonographische der Katastrophe, also das, was sie uns heute noch erzählen und woran sie uns ermahnen kann. Und hier wird es dann spannend.
In der Ensemble-Liste gibt es die Rolle des „Eisbergs“. Welche Bedeutung hat er?
Die Titanic und der Eisberg sind untrennbar miteinander verbunden. Keine Titanic-Erzählung funktioniert ohne den Eisberg. Und dass vor dem Eis eindringlich gewarnt wurde, die Warnungen aber nicht ernst genug genommen wurden, ist ein wesentlicher Teil der Katastrophe. Es hat Spaß gemacht, den Eisberg auf der Bühne zu personifizieren, und er ist eine der spannendsten Figuren im Stück – weil er mitspielt, ohne dass die anderen wirklich mit ihm spielen.
Worauf seid ihr am meisten stolz?
Also, ich bin vor allem stolz auf das Ensemble. Dieses Stück ist wirklich kompliziert. Es muss am Ende einfach und leicht aussehen, aber der Weg dahin ist unfassbar hart. Fast alle spielen zwei Figuren – in der Regel Erste- und Dritte-Klasse-Passagiere – und gleichzeitig müssen in den Übergängen die Szenenumbauten stattfinden. Und zwar nicht im „Black“, sondern sichtbar, also choreografiert. Ich glaube, schauspielerisch ist es unser härtestes Stück. Es zeigt die Reife des Ensembles, dass sie es so gut meistern.
Sich davon überzeugen kann man ab dem 02.11.:
2. November 2024 - 19 Uhr (nur noch Warteliste)
8. November 2024 - 19 Uhr (< 40 Karten)
9. November 2024 - 17 Uhr (< 10 Karten)
15. November 2024 - 19 Uhr (< 10 Karten)
16. November 2024 - 17 Uhr (< 30 Karten)
22. November 2024 - 19 Uhr (< 50 Karten)
23. November 2024 - 19 Uhr (< 20 Karten)
(Kartenstand 09.10.24)
Karten unter
karten@kjg-theater.de
oder telefonisch unter
(0208) 30.67.58.67
(Fotos: Uwe Freier)