von Leonie Bergmann
Im November hatte ich die Möglichkeit, die Premiere und die Derniere des Stücks „Till Eulenspiegel“ vom Kjg Theater in Duisburg zu sehen.
Die Länge des Stücks hat einiges an Aufmerksamkeit eingefordert, weshalb es vorteilhaft war, zwei Vorstellungen gesehen zu haben, in denen ich mich auf viele Aspekte konzentrieren konnte. Das minimalistische Bühnenbild in der großen Kirche hat direkt die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es wurde mit Flachbildfernsehern gearbeitet, die das Bühnenbild, mit den auf ihnen gezeigten Eindrücken, vervollständigt haben. So wurden sie z.B für die Kirchenszene oder auch für den Weg durch den Wald eingesetzt. Dieses Element konnte für mich mit professionell inszenierten Bühnenbildern mithalten. Ebenso waren die Kostüme authentisch und dem Zeitgeist des Stückes angepasst.
Die Inszenierung hat sich einen Rückblick in das Leben von Till Eulenspiegel, einem gewieften Meister des Unfugs, zum Ziel gesetzt. Dieser wurde in, wenn auch sehr langatmigen Szenen, für Fans sowie Neulinge in der Welt des Till Eulenspiegels, eindrucksvoll dargestellt. Den Rollen wurde Charakter verliehen, indem sie Eigenheiten zugesprochen bekamen, z.B wie dem Meister des Badehauses ein komisches kurzes „hehe“ als Lachen. Die Besetzung war ebenfalls weitestgehend gut gewählt. Da wäre natürlich die Rolle des Till Eulenspiegels, die mit sehr viel Text und Interaktionen mit den verschiedensten Charakteren, eine besondere Herausforderung war. Die „größeren“ Rollen haben mich von der Besetzung insgesamt sehr überzeugt, jedoch gibt es ein paar Aspekte im großen Ganzen, die ich kritisch betrachten möchte.
Da wäre die Kirchenszene, in der „unberührte Mädchen und treue Ehefrauen“ gebeten werden, Geld für die Kollekte zu spenden. Mir ist bewusst, dass dieses Märchen aus einer anderen Zeit stammt und genau diese Zeit auch die Erzählzeit ist. Ich finde es jedoch unter heutigen Umständen unpassend, Sätze zu reproduzieren, in dem der Wert einer Frau anhand ihrer „Unberührtheit/Treue“ gemessen wird, sodass diese nicht eine „Schande“ für ihren Mann darstellt. Besonders im Laientheater stehen dem/der Regisseur*in viele Freiheiten offen, ein Stück nach ihrem Belieben zu inszenieren und grade auch jungem Publikum Werte zu vermitteln. Deshalb sollte man sich dies auch zunutze machen. Besonders im Theater kann die Reproduktion solcher Themen, nicht ohne eine Auflösung/moralische Stellungnahme gezeigt werden. In dieser Szene gab es für mich eine unpassende Rollenverteilung, eine vergleichsweise junge Schauspielerin, ein junges Mädchen, spielt in dieser Szene die Ehefrau eines Mannes, der sie bittet zu spenden, damit sein Ruf nicht ruiniert wird. Auch wenn wir uns in diesem Stück in einer anderen Zeit befinden und gespielte Welt und reale Welt nicht übereinstimmen müssen, finde ich eine möglichst geringe Distanz zwischen dem gespielten Alter und des Spieler*innen Alters sehr wichtig.
Zuletzt möchte ich noch die Einbindung des Publikums erwähnen, dies ist immer etwas gewagt. Denn entweder haben die meisten Leute Spaß daran oder es entsteht ein Bruch, der das Publikum auf mitunter unangenehme Weise aus dem Betrachten des Stücks heraus reißt. Für mich war leider Letzteres der Fall. Es kann aber auch als kleiner „Erfrischer“ ausgelegt werden, um die Zuschauer*innen vor dem Ende des Stücks nochmal selbst als Teil der Welt des Till Eulenspiegels fühlen zu lassen.
Trotz oben genannter Kritikpunkte, würde ich mir das nächste Stück des Kjg Theaters ebenfalls ansehen, da der Enthusiasmus der Spieler*innen und die Fähigkeit die Zuschauer*innen in eine andere Welt mit zu nehmen, auf mich überzeugend wirken.