Leidenschaft, Gefühl, Schauer, Abenteuer – das sind die zentralen Motive der Romantik, deren Epoche sich bis ins späte 19. Jahrhundert streckte. Die damalige Zeit war geprägt durch massive gesellschaftlich Umbrüche: also hochgradig „disruptiv“ – wie man heute sagen würde. Die Industrialisierung hat die Lebenswelt der Menschen vollständig auf den Kopf gestellt. Nützlichkeitsdenken und Rationalität waren bestimmend.
In dieser Zeit entstanden zahlreiche Mythen und Legenden zum „Vater Rhein“. Der Fluss, der nach dem römischen Flussgott Rhenus benannt ist, hat unsere Region über Jahrhunderte maßgeblich geprägt. Für die Römer war er eine Grenze, die das Wilde (den germanischen Norden) von der zivilisierten Welt trennte (den „römischen“ Süden) – eine Trennung die in Köln bis heute noch im kulturellen Gedächtnis verankert ist, indem man von der rechtsrheinischen Seite gerne als „scheel Sick“ spricht.
Als Wirtschaftsfaktor, Transportweg und Grenze diente der Rhein also seit eh und je. Die Romantiker gaben ihm seine mythische Bedeutung zurück. In der Figur des „Vaters“ verdichteten sie Mythen und Legenden in dem prägenden Strom, den auch Richard Wagner in das Zentrum seiner rund um das Nibelungenlied gesetzten Ring-Trilogie stellt.
Was macht nun als der „Vater Rhein“ in unserem Remix?
Auch heute leben wir in einer „disruptiven“ Zeit: von der industriellen, produzierenden Gesellschaft zur digitalen, vollautomatisierten. Auch heute erleben wir die Sehnsucht nach dem Fiktiven, Anti-Rationalem. Also geben wir dem Rhein eine Stimme und lassen ihn „seine“ Geschichten wiedererzählen, brechen wir zusammen mit den Walküren von Zeit zu Zeit aus dem Fluss der Geschichte aus, um einen anderen Blick auf das Erzählte zu erhalten. Denn es ist nicht die Fiktion oder das Narrativ, die unsere Systeme bedrohen, sondern der Mangel an Reflexion und Perspektivwechsel.
Weitere Gedanken zum Stück: Die Waffe einer Frau / Mann über Bord / Ordnung ist der Feind der Freiheit