… ist eine Waffe. So verteidigt Krimhild in Xanten ihre „Kampfschule für junge Frauen“. Das Autorenteam hat sich mit dieser Stelle intensiv auseinandergesetzt. Zu Beginn stand hier ein Waisenheim, für das sich Krimhild einsetzen sollte. Typisch Frau eben, die mit „anderen“ Waffen kämpft, sozial engagiert ist und für die sanfte Veränderung steht. Genau dieses Bild befördert die gespurten Rollenbilder und bekräftigt das Trennende.
Was wäre eigentlich, wenn die Kategorie „Mann und Frau“ keine Rolle mehr spielte und es nur noch eine gebe, nämlich „den Menschen“. Das wäre das Ende des Rassismus, denn wenn Menschen nicht nach ihrer Kategorie, sondern ihres eigenen Wesens nach beobachtet würden, kollabierten alle Vorbehalte gegen „Bevölkerungsgruppen“ jeder Art.
Zu dumm, dass unser Gehirn eben gerne zur besseren Einordnung der Wahrnehmung bevorzugt mit Kategorien arbeiten kann. Wenn wir unsere Welt sauber kartographieren gewinnen wir Überblick und Sicherheit. Daher teilen wir alles und jeden in Klassen, Gattungen und Gruppen ein. Nur dass genau eben diese Gruppierungen individuell immer wieder rasch an Grenzen stoßen und man sich plötzlich in Schubladen wiederfindet, aus denen man sich nur schwer und dann auch nur unter teilweise größten Anstrengungen bis hin zur Aufopferung befreien kann. Genau dieses Dilemma erleiden nahezu alle Figuren in „Krimhild“. Egal ob Krimhild oder Brunhild, Hagen oder Gunther, Ute oder Siegfried. Alle sind gefangen in systemischen Strukturen, die eine Entfaltung ihrer Persönlichkeit schlimmstenfalls ver- aber in jedem Fall behindern.
Würde es uns verwundern, wenn Siegfried, Hagen oder Etzel eine Kampfschule bauen wollten? Wahrscheinlich nicht. Die Provokation ist, dass dies eine Frau einfordert. Und das beschreibt das eigentliche Problem, von dem wir alle ein Teil sind. Wir müssen uns bewusst werden, dass stereotypisches Denken missbraucht wird, um Machtinteressen durchzusetzen. Wir müssen anfangen, bestehende Strukturen nicht als „Natur gegeben“ anzusehen und damit Unrecht billigend in Kauf nehmen. Unterschiede gibt es zwischen allen Menschen, aber allen ist auch eines gemein: dass sie eben Menschen sind. Und in diesem Sinne: Die Waffe eines Menschen, ist eine Waffe. Ganz egal, ob es eine Frau, ein Mann, ein Nigeraner oder Ostwestfale ist.
Weitere Gedanken zum Stück:
Vater Rhein / Mann über Bord / Ordnung ist der Feind der Freiheit