Über die Ursprünge von Till Eulenspiegel in der Literatur
Die im frühen 16. Jahrhundert publizierte Ausgabe des Volksbuchs „Ein kurzweiliges Leben von Till Eulenspiegel“ ist eine Sammlung von bis heute mehr oder minder bekannten schelmischen Streichen des Schalks (oder Narren) Till Eulenspiegel.
Wer sich die Geschichten einmal näher anschaut – oder noch das ein oder andere Kinderbuch über ihn kennt – ist überrascht. Mit teilweise derben Humor und nicht immer den besten moralischen Absichten treibt hier der „Held“ seine Schelmereien. Das erinnert zuweilen an derbe Soaps oder Reality Dokus, die auf eine zotiges Pointe zum Schaden des Betroffenen hinarbeiten, um die nächste Klick-Schallmauer zu durchbrechen. Denn: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen!
Das Buch war im 16. Jahrhundert noch ein junges Medium und immer mehr Menschen konnten sich Bücher leisten. Latein wurde zusehends als Leit-Schriftsprache ersetzt, so dass immer mehr Schichten, die Inhalte zugänglich waren. Dass dabei die Zoten und Streiche gut ankamen, scheint mehr als verständlich. Waren dies doch angenehme Ablenkungen zu den meist strikten religiösen Geschichten. Schon schnell wurde das Buch in mehrere Sprachen übersetzt und avancierte zum Blockbuster des jungen Mediums Buch.
Heute scheinen die Streiche wie aus einer anderen Welt – und doch spielen sie immer wieder mit den Mechanismen, die uns „moderne Menschen“ auch zum Lachen bringen, wenn wir Zuschauer*innen und nicht Betroffene sind. Seit der Wiederentdeckung des Volksbuchs und dem Beginn einer Kinder- und Jugendbuchkultur im deutschen Verlagswesen gibt es weit über hundert meist illustrierte Adaptionen des Stoffs gibt, die den Inhalt des Originals sprachlich modernisieren, inhaltlich kürzen und neu akzentuieren. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Verfilmungen , Theaterstücke und sogar sinfonische Dichtungen (Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss)
Nicht erst durch Daniel Kehlmanns Roman „Tyll“ aus dem Jahre 2017 gab immer wieder Interpretationen, die „Das Leben des Till Eulenspiegel“ als Folie für Erzählungen von gesellschaftlichen Umbrüchen genutzt haben – und sich damit deutlich vom Original-Genre Schwank distanzieren.
Und jetzt ist es also „unser Stück – in deiner Welt“. Auch wir haben versucht, aus Till ein zeitgemäßes Stück zu machen, das dabei dem schelmigen Charakter des Originals ebenso gerecht wird, wie unserem Anspruch mit und durch Theater auch immer wieder und wichtige Inhalte zu vermitteln. Und irgendwie ist dieses gewagte Lebens-Motto des Till Eulenspiegel, der nie richtig etwas plant, sondern sich treiben lässt und ein Meister der Improvisation ist, wie gemacht für eine Zeit, die unsere Pläne im Wochentakt zerschreddert werden. Also halten wir es mit unseren Till: „Die Sorgen kommen früh genug zurück, jetzt lass uns das Hier und Jetzt genießen“!
Weitere Gedanken zum Stück findest du hier:
Mittelalterliche Soap?
Narren sagen, was die Klugen denken
Freak Now!