Kolchis – die Fremde

Die Fremde. Am Ende des Schwaren Meeres gelegen, in der schroffen, wenngleich durchaus fruchtbaren Gegend des Kaukasus. Legendär ist Kolchis für die antike Goldgewinnung und daher wohl auch Ziel zahlreicher Beutefahrten. Wahrscheinlich wurde dort das Gold aus den Flüssen mit Widderfellen gewaschen – die mythologische Grundlage für das „Goldene Vlies“. Kolchis war keine Stadt sondern bezeichnete streng genommen eine Landschaft. Rund um den Medea Mythos entwickelten sich entsprechende Fiktionen um diesen Ort am „Ende“ des Schwarzen Meeres.

Obgleich archäologisch Steinbauten in Kolchischen Städten nachweisbar waren, hält sich in den Erzählungen eher die einfache Holzbauweise „der Stadt“. Überhaupt ist Kolchis als Gegenstück zur griechsichen Stadt zu verstehen und als solches „barbarisch“ eingestuft – also nach Auffassung der Griechen auf einer neideren Kulturstufe. Die Bezeichnung „Barabarentum“ dient innerhalb des heleozentrischen Weltbilds (das auch unsere Kultur bis heute maßgeblich prägt) als Abgrenzung und Abwertung für die Andersartigkeit fremder Kulturen.

Die Fremde also. Wie können wir uns diese Stadt vorstellen, die den Argonauten so unvorstellbar anders vorgekommen sein muss. Fremde Gerüche, fremde Speisen, fremde Kleidung, fremder Schmuck – und allen voran fremde Bräuche, die, wenn nicht richtig eingeordnet, grausam anmuten – wie die Himmelbestattung, die im Kaukaus üblich war – Tote wurden in Teile gehackt und den Vögeln übergeben. Da der Boden zu felsig und das Holz zu kostbar waren, war dies eine opportune Möglichkeit, die Verstorbenen würdevoll zu begraben. Heute noch findet sich diese Tradition beispielsweise im Himalaya. Was auf uns fremd wirkt, ist für den Fremden vertraut – und dem Fremden geht es genauso andersherum.

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